Aus dem Leben der ICRA und seiner Mitarbeiter
.... Sie sehen überall auf dieser Webseite die Abkürzung und den ausgeschriebenen Titel der ICRA. Sehr rasch nach Gründung hatten meine Mitarbeiter und Kollegen eine ganz andere Bedeutung gefunden für ICRA: "I can't reach Arthur". Pure Verleumdungsstrategie. War ja auch klar mit der relativen Nicht-Erreichbarkeit: Internet war nicht, Mobiltelefon auch nicht und wir arbeiteten schon immer Land-übergreifend, auch zwischen den USA und der Schweiz. Mit 6 Stunden Zeitunterschied an die Ostküste und meiner Reisetätigkeit war eine gewisse Unerreichbarkeit vorprogrammiert. 1983 dann hatte ich eines der frühen Mobiltelefone im Auto (nur in Deutschland und Holland erreichbar, in der Schweiz musste ich jedesmal verplomben!), aber das Gerücht hielt sich wacker ...
... (1998) bei der Übergabe der Software an einen Kunden haben sie 2 Tage Zeit zur Einspielung vorgesehen. Mike fragt mich, ob wir etwas falsch verstanden hätten, er sei mit der Einspielung in 20 Minuten klar, warum sie mit drei Mann 2 Tage Übergabe Zeit gerechnet hätten? Da wir nach 20 Minuten klar waren, haben sie staunend gefragt, ob man das oder jenes Feature noch einbauen könnte in einem kommenden Release, also hat Mike sich erklären lassen, um was es geht und währenddessen sprach Mike mit ihnen, haute den C++ Code in die Maschine und nach einer Stunde waren alle Features zum grossen Erstaunen aller geladen und aktiv. Wir wurden dann eingeladen, den "Methusalem" Geburtstag eines Mitarbeiters zu feiern. Auf meine Frage, wie alt er denn geworden sei, sagte man "uralt, schon 34". Das liess bei mir (damals mit 53) den Entschluss reifen, mich aus dem aktiven Geschäft zurück zu ziehen ....
.... (1989) die erste Kugelprüfmaschine hatte die Testläufe bestanden. Kommt der Besitzer der Firma, Herr Ennen herein, mit einem kleinen schwarzen Samtsäckchen und will seine eigenen Prüfungen fahren. Er leert den Inhalt des Samtsäckchens (Kugeln) in den Zufuhrmechanismus, die Kugeln laufen mit 8 Kugeln pro Sekunde durch die Prüfmaschine. Alle Kugeln passieren als "gut", eine Kugel wird von der Bahn geblasen und scheidet aus. Herr Ennen nimmt die Kugel, sieht sie sich unter dem Mikroskop an, füllt alle Kugeln wieder in den Hopper, gleiches Spiel, eine Kugel wird als defekt ausgeblasen. So ging es ca. 10 Minuten lang. "Es ist alles in Ordnung, es ist immer die gleiche defekte Kugel ausgesondert worden". Mike Wade ist sichtlich erleichtert ....
.... (1992) eine Weltneuheit steht bei der Deutschen Telekon in München an: zwei Meter auseinander stehen je ein Terminal, dazwischen eine Satellitenstrecke zum DFS Satellit mit einem 2 MBit Transponder, oder 72'000 km in den Raum. Es soll die Volltextsuche mit Bildübertragung aus einer Datenbank gezeigt werden. Um 11:00 sind die Gäste aus der Industrie geladen. Um 9:00 ist der Institutsleiter Arthur Sutsch verschwunden. Der Leiter der Vorführung bei der DT, Thomas Hentrich, fragt besorgt bei den Mitarbeitern der ICRA nach, wo denn A. Sutsch bliebe. Der sei einen Rechner in der Stadt kaufen, der eine der beiden Terminals an der Satellitenstrecke sei abgeschmiert. Um 10:00 kam A. Sutsch mit einem PC, Karten und Festplatte wurden getauscht, nach 15 Minuten lief alles, wie es sein sollte. Die Vorführung war ein voller Erfolg; Thomas Hentrich spricht noch heute davon, wie es ihm mulmig war ....
.... (1976) die Montierung des grossen RC 800 Teleskops wird mit dem Hersteller, Herrn Baumgartner Senior besprochen. A. Sutsch wählte eine Dreibein-Auflage der um 46° geneigten Alpha-Achse (Stundenachse), da ein Dreibein bekanntlich nicht wackeln kann. Ein grosses Drucklager Süd nimmt den Schub nach unten auf. Zwei frei in ihren Kugelschalen liegende Rollen mit 91 mm Durchmesser und 110 mm Länge halten im 60° Winkel die 8.4 Tonnen des 910 mm grossen und 110 mm breiten Laufrings mit dem Gegengewicht und dem Teleskop plus der Alpha Achse. Herr Baumgartner schüttelt den Kopf: wenn der Motor das Teleskop zu bewegen beginnt, verschiebt sich die Alpha-Achse. Nein, antworte ich, es müsse eine Kraft grösser als die 8.4 Tonnen sein, damit das Teleskop eine Seitenbewegung machen kann und der 500 W BBC Gleichstrom Motor kann trotz Übersetzung unmöglich diese Kraft aufbringen. Herr Baumgartner schüttelt als erfahrener Präzisionsmechaniker ungläubig den Kopf und meint, es sei ja mein Teleskop, ich müsse ja wissen, was ich täte. Beim ersten Testlauf der Alpha-Achse sitzen mehrere 1/1000 Messuhren an dem grossen Ring. Die Messuhren zeigen keinen Ausschlag. Herr Baumgartner schüttelt nur den Kopf und A. Sutsch meint tröstend, er sei zwar nur Physiker, aber Kräfte berechnen hätte er schon noch gelernt ...
.... (1999) der Chef einer grossen süddeutschen Automobilfirma erklärt, warum er ein System haben will, das ihm sagt, welche Teile neu zu entwickeln sind und welche als bewährt verwendet werden dürfen beim Modellwechsel. Seiner Aussage nach hat es bei einem Modellwechsel noch nie ein Auto gegeben, das Auto als solches wird von seinen Entwicklern neu erfunden - und das kostet ein Vermögen! Als Beispiel führt er eine quietschende Heckklappe beim Kombi-Modell an, dessen Beseitigung ca. DM 2 Millionen gekostet habe. A. Sutsch fuhr einen solchen Kombi und erklärte ihm, dass er seine Frau ans Steuer setzen liess und er mit einem Stethoskop im Heckraum sass, um das Geräusch zu orten. Ein Moosgummi an die richtige Stelle geklebt für CHF 3.00 löste das Problem ....
... (1992) zur Demonstration einer neuen Möglichkeit der Anwendung von Satellitenkommunikation steht vor dem (ex-) Gemeinde Speicher Bowil von 1830 auf dem Gelände des Observatoriums eine 7 m Parabolantenne zum DFS Satellit der Deutschen Telekom. Zusammen mit PTT und DT wollen wir eine erste Video-Konferenz über Satellit in hoher Auflösung (2 MBit) zur CeBIT in Hannover zeigen. Wir liegen in Alterswil am Rande der Ausleuchtkeule des DFS und beschliessen mit den Spezialisten, die Sendeleistung geringfügig zu erhöhen. Ich drehe mit dem Schraubendreher leicht an der Steuerung in der Kontrollbox der Antenne. Fünf Minuten später ist ein aufgeregter Techniker am Telefon der Bodenstation in Darmstadt, ich solle sofort den Energielevel zurücknehmen, ansonsten ginge die Wanderfeldröhre im Satellit (in 36'000 km Höhe!) kaputt! Meine Güte, sind die Dinger da oben empfindlich ....